Gasthaus im 7. Bezirk

Wirt Christian Grünauer wahrt seine Schweigepflicht darüber, was in den letzten 60 Jahren in dem Gasthaus Grünauer wohl so alles geschehen sein mag. Da bleibt einem wohl nichts anderes übrig als dem Wirtshaus selber einen Besuch zu Schweinsfledermaus und Tarhonya abzustatten.

60 Jahre voller Geheimnisse

Die interessanten Geschichten aus dem Grünauer wollte er mir ja nicht erzählen, der Wirt, der aus einem Bilderbuch entsprungen sein könnte. Ein kleines Bäuchlein, ein rundliches Gesicht, Bartstoppeln und ein überaus freundliches Wesen zeichnen Christian Grünauer aus, der in seine Rolle quasi schon hineingeboren wurde. In dritter Generation übernahm er 2013 das Gasthaus seines Großvaters – da war die Stätte bereits 56 Jahre alt und heuer wird 60-jähriges Jubiläum gefeiert.

Gasthaus Grünauer (c) STADTBEKANNT Wetter-Nohl
Gasthaus Grünauer (c) STADTBEKANNT

Hochzeitstag und Nackerter?

Was in diesen holzvertäfelten Stuben also schon alles geschehen sein mag – es lässt sich nur erahnen. Ob der Fund der großen Liebe und das Feiern von Hochzeitstagen, ob Besuch eines Promis oder eines, der so tat als ob, ob große Streitigkeiten und sanfte Versöhnungen oder gar der Besuch des Nackertem– der Fantasie wird hier kein Riegel vorgeschoben. Doch der Wirt nimmt seine Schweigepflicht ernst. „Das muss man schon selber erleben“, meint er. Ich zweifle ja an, dass heute irgendetwas Spannendes geschieht, es ist ja erst Aufsperrstunde.

Tarhonya und Schweinsfledermaus

Doch mit der Speisekarte fangen die Überraschungen schon an. Was bitte sind Tarhonya? Ist die Schweinsfledermaus ein essbarer Vampir und wurde für das gekochte Meisel tatsächlich ein Vögelchen erlegt? „Wir kochen traditionell österreichisch – immer mit einem Twist“, erläutert Grünauer. So kommt es also, dass eine Beilage auch einmal ungarisch sein darf – so wie eben die Eiergraupen namens Tarhonya. Aus dem klassischen Schnitzel wird eine gebackene Schweinsfledermaus – und nein, das ist natürlich keine Fledermaus-Art, sondern ein unbekannteres Teil des Schweines, das aufgeschnitten und aufgeklappt wie eine Fledermaus aussieht und das Meisel ist auch kein Meiserl, sondern ein mageres Gustostückerl aus dem hinteren Teil des Rindes.

Gasthaus Grünauer Lokal (c) STADTBEKANNT Wetter-Nohl
Gasthaus Grünauer Lokal (c) STADTBEKANNT

Vegetarisch? Eher nicht!

Wie man spätestens an der Vorderseite der Karte erkennen kann – da sind allerlei Tiere abgebildet, durch die ein Dolch hindurch gestochen wurde – und wie es in der österreichischen Küche ja auch durchaus üblich ist – wird hier vor allem Fleisch gegessen. Vegetarier werden auf der Karte zunächst nicht berücksichtigt, auf Nachfrage scheint es aber kein Problem zu sein, sich etwas zusammenstellen zu lassen, für Veganer dürfte es wohl schwieriger werden.

Klassische Einrichtung mit Twist

Meine Wahl fiel jedenfalls auf das gebratene Bachforellenfilet auf Paprikacreme mit Tarhonya. Und es war ausgezeichnet und glücklicherweise auch nicht so deftig, wie man es in einem klassischen österreichischen Gasthaus vielleicht erwarten würde. Aber, dass es hier ganz so klassisch zugeht, das haben wir ja an der Speisekarte schon gesehen. Und auch die Einrichtung ist danke heller Holzmöbel und einer nicht allzu übertriebenen Dosis an Dekoration nicht so bedrückend wie man vermuten könnte.

Gasthaus Grünauer gebratene Bachforellenfilet auf Paprikacreme mit Tarhonya (c) STADTBEKANNT Wetter-Nohl
Gasthaus Grünauer gebratene Bachforellenfilet auf Paprikacreme mit Tarhonya (c) STADTBEKANNT

Ich komme wieder!

Wenn die Sessel und Tische oder Bilder an der Wand hier nur bloß sprechen könnten, aber auch die schweigen als würden sie Ihrem Herren gehorchen. Als ich dann zahle und mich nach einem knappen Stündchen wieder auf den Weg machen möchte, sieht mich Grünauer verdutzt an: „Was, das war’s schon?“ Nun, das Essen ist verspeist, der Wein geleert und ich muss wieder Heim den Babysitter ablösen, aber vermutlich komme ich wieder und bleibe bis zur Sperrstunde, da muss es doch noch mehr zu erleben geben!

STADTBEKANNT meint

Seit nunmehr 60 Jahren ist das Gasthaus Grünauer schon in Familienbesitz. Der freundliche Wirt Christian Grünauer führt nunmehr hier Regime und bietet klassische österreichische Küche mit Twist an, wie er meint. Das bedeutet, dass ein Schnitzel auch einmal mit einem anderen Fleischteil als dem üblichen Verdächtigen zubereitet wird oder, dass man sich aus den Nachbarländern eine Beilage ausborgt. Das Ambiente entspricht dieser Philosophie, gleicht es zwar einem klassischen Wirtshaus, ist aber bedeutender luftiger und nicht all zu urig. Wer die Perle entdecken möchte, muss zwischen Burggasse und Westbahnstraße suchen nach dem geschwungenen Seitengässchen! Es wird sich lohnen!

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