10. November 2023

Wiener Kaffee-Spezialitäten

Kaffeezubereitung (c) STADTBEKANNT

Kaffee in Wien

Die Wiener Kaffeelandschaft hat so einiges zu bieten. Und zwar geht es da weit über die klassische Wiener Melange und den kleinen Schwarzen hinaus, sondern allerlei bunte Namen und Mischungen fliegen einem entgegen, wenn man in die Kaffeekarte der Wiener Cafés schaut.

Dass man aber schon bei der Bestellung eines Cappuccinos Probleme haben kann, ist dabei keine Seltenheit, denn diese Bezeichnung ist im Wiener Kaffeewortschatz schlichtweg nicht enthalten. Richtig schwierig wird es dann aber erst, wenn man erraten soll, was es denn mit einem Pharisäer oder einem überstürzten Neumann auf sich hat und ob man nach dem Genuss dieser Kreationen überhaupt noch fahrtüchtig ist. Fakt ist nämlich, dass fast alle der Wiener Kaffee-Besonderheiten Alkohol enthalten. Rum und Liköre, Schlagobers, Eidotter und sonstige wilde Zubereitungsarten haben es in die Liste der wahren Wiener geschafft. Und damit das Bestellen in Zukunft einfacher wird, folgt hier nun ein kleiner Guide der Kaffeenamen, sodass auch Cappuccino-Trinker wieder zu ihrem Heißgetränk kommen.

Advokat

Wo nur die Namen immer herkommen. Diesmal nicht vom Rechtsanwalt, sondern von dem Wort “Abacate”, das eigentlich für ein Zucker-, Rum-, Avocado-Gemisch steht, aus Brasilien über die Niederlanden zum Eierlikör wurde, seinen Namen zu Advokat änderte und so auch nach Wien gelangte. Die Kaffeevariation enthält folglich Obers und Eierlikör.

Biedermeier

Ein großer oder kleiner Brauner mit Marillenlikör und Schlagobers.

Brauner, großer/kleiner

Nicht wegzudenken aus Wiens Kaffeehäusern. Der Braune – die Basis für noch viele andere Variationen des Kaffeegenusses. Das Rezept ist ganz einfach: Ein Schwarzer zu dem etwas Obers serviert wird. Somit kann man selbst bestimmen “wie braun” der eigene Braune werden soll. Eine spezielle Form des Braunen ist auch der Kapuziner.

Cappuccino

Den Namen hat er vom Kapuziner, bestellen muss man eine Wiener Melange, um sowas ähnliches zu kriegen. Das Wort “Cappuccino” ist ganz einfach nicht im Wiener Kaffeewortschatz enthalten.

Doppelmokka

Ein doppelter Mokka und extra stark. Manche sagen aber auch, der Doppelmokka beinhaltet Rum oder Weinbrand. Also aufgepasst!

Einspänner

Der Einspänner ist – wie wir alle wissen – eine Kutsche mit Pferd vorne dran. Genau. Und wie alle Wiener genossen auch die Fahrer dieser Kutschen gerne Kaffee. Und zwar war das meist ein Mokka mit dicker Schlagobershaube. Da blieb der Kaffee nämlich lang genug warm, um auf die Kundschaft zu warten – konnte aber durch Verrühren mit der Sahnehaube auch schnell auf Trinktemperatur gekühlt und somit in einem Zug ausgetrunken werden, um die Kundschaft entgegennehmen zu können. Siehe auch: Fiaker.

Espresso

Beim Espresso – ganz richtig – muss es schnell gehen. Jedoch nicht unbedingt das Trinken, weil’s ja eh nur so wenig ist, sondern die Zubereitung. So schaffte auch die Espressomaschine ihren Durchbruch. Anstatt eine große Menge Kaffee in viel Wasser lange ziehen zu lassen beträgt die Kontaktzeit der beiden Zutaten beim Espresso nur wenige Sekunden. In Wiener Cafés wird der Espresso aber fälschlicherweise oft als Mokka bezeichnet. Siehe auch kleiner Schwarzer und Mokka.

Fiaker

Der Fiaker ist im Gegensatz zum Einspänner eine zweispännige Kutsche. Dessen Fahrer trägt denselben Namen wie auch das Heißgetränk und das wird grundsätzlich wie der Einspänner zubereitet, hat aber einen Zusatzschuss – Mokka mit Schlagobers und Zwetschkenbrand oder Kirschwasser also. Wichtig sowohl beim Fiaker als auch beim Einspänner, ist das Henkelglas, in dem der Kaffee serviert werden soll. Nur so kann nämlich der Fahrer die Zügel und den Kaffee gleichzeitig halten.

Franziskaner

Neben den Kapuzinern schon der Zweite Orden, der es in die Kaffeewelt geschafft hat. Ein Franziskaner ist der “Cappuccino mit Schlag” – eine Melange mit Schlagobers und Schokostreusel also.

Kaffee verkehrt

Ganz viel Milch und nicht ganz so viel Kaffee – das ist die Devise. Und wenn’s um’s Kaffeetrinken geht, wohl ganz verkehrt. Ähnlich, wie beim Latte Macchiato wird der Kaffee verkehrt in einem hohen durchsichtigen Glas serviert, bei dem man die Milch- und die Kaffeeschicht streng voneinander getrennt erkennen können muss.

Katerkaffee

Wie der Name schon verrät, handelt es sich um einen Kaffee gegen den Kater. Ein starker Mokka, zwar süß aber mit säuerlichem Muntermach-Beigeschmack: Die Zuckerwürfel für den Kaffee werden vor Verwendung in Zitronenschale abgerieben.

Kaisermelange

Eidotter und Cognac sind die Zauberzutaten, die einer Melange zugefügt werden, um sie kaiserlich zu machen. Lecker schmeckt diese Variante auch mit etwas Honig. Jedoch leider eher zum Selbermachen, da aufgrund von Lebensmittelverordnungen rohes Eigelb in Kaffeehäusern nicht mehr serviert werden darf.

Kapuziner

Der Namensgeber für den allseits bekannten Cappuccino, jedoch ganz und gar nicht so wie ebendieser. Der Kapuziner ist eine Sonderform des Braunen – wird also mit Obers serviert. Jedoch nur mit einem kleinen Tröpfchen, sodass die Farbe in etwa die der Kapuzinerkutte annimmt. Die Ordensbrüder der Kapuziner waren nämlich sehr sparsame Gesellen und konnten sich nicht viel Obers erlauben.

Kosakenkaffee

Kosakenkaffee kann man als Likör in einer Flasche kaufen. Man kann ihn aber auch im Kaffeehaus bestellen. Dann bekommt man einen kleinen Mokka mit Rotwein, Vodka und Zucker vermischt und im Einspännerglas – also mit Henkel – serviert.

Latte Macchiato

= Kaffee verkehrt.

Maria Theresia

Französischer Orangenlikör verfeinert dieses Kaffeerezept. Ein doppelter Mokka mit dem alkoholischen Pepp, Schlagsahne oben drauf und eventuell sogar mit Orangenschalenstückchen dekoriert. Fast schon kitschig.

Mazzagran

Mazzagran ist der Iced Coffee unter den Wienern. Je nachdem wird er mit einem kalten doppelten Mokka und Eiswürfeln zubereitet. Man liest und hört aber auch Variationen, die sich noch wienerischer anhören und die auch Maraschino Likör, diverse Gewürze und Cognac enthalten.

Melange

Die Melange erinnert noch am ehesten an den allseits bekannten Cappuccino. Hier wird ein Verlängerter (oder im Fall des Cappuccinos ein Espresso) mit Milchschaum “mélangiert”.

Mokka

Das ist so eine Geschichte mit dem Mokka. Eigentlich ist es ein kleiner Schwarzer, also ein starker Kaffee ohne Milch und Zucker. Serviert bekommt man aber meistens einen Espresso, was ja auch der Beschreibung entspricht. Der Mokka sollte ursprünglich jedoch nicht aus der Espressomaschine kommen, sondern länger ziehen – also eher eine Art Filterkaffee sein. In Wien kann man den Mokka aber sehr wohl als kleinen Schwarzen oder Espresso bestellen, denn in den Kaffeehäusern wird (auch aus Zeitgründen) sowieso nur noch mit Espressomaschinen gearbeitet.

Mozartkaffee

Ach, so vieles hat seinen Namen. Pralinen, Torten, Schuhcreme – wie könnte nur die Kaffeewelt ausgelassen werden? Der Mozartkaffee ist ein großer Mokka mit Cherry Brandy und Schlagobers oben drauf.

Obermayer

Vielleicht sollte man das mal probieren. Die eigenen Sonderwünsche in jedem Kaffeehaus der Stadt anbringen und dann darauf hoffen, dass sie zum allgemeinen Trend und somit Standard im Kaffeesortiment werden. Das hat jedenfalls Herr Obermayer, ein ehemaliger Wiener Philharmoniker, so gemacht. Er wollte extra kaltes Obers in seinen Mokka. Und zwar über einen umgedrehten Löffel gegossen, damit sich das Obers gleichmäßig verteilt.

Pharisäer

Eigentlich zu Vergleichen mit einem Irish Coffee. Nur eben nicht mit Whiskey gemischt, wie beim den Iren, sondern Kaffee mit Rum und Obers. 4cl müssen es sein, denn laut einer Verordnung aus dem Jahr 1981, sind 2cl zu wenig, um als Pharisäer durchzugehen. Der Name leitet sich von den heuchlerischen Pharisäern ab. Und zwar hatte ein sehr asketischer Pfarrer des 19. Jahrhunderts bemerkt, dass die Feiergesellschaft bei einer Taufe Rum in den Kaffee gemischt hatte und Schlagobers als Geruchsabdecker oben drauf platzierte. “Ihr Pharisäer”, rief er aus und der Name war geboren. Damit der Rum seinen Geruch aber eben nicht verbreitet, muss man den Pharisäer unbedingt durch das Obers hindurch trinken und darf es auf keinen Fall mit dem Kaffee vermischen.

Ristretto

Der Ristretto ist die extra starke und extra kleine Variante unter den Espresso. Viel Koffein und wenig Wasser.

Schale Braun/Gold

Wer eine Schale bestellt, der weiß schon genau, wie der Braune gemischt sein soll. Die Schale Braun sollte Kaffee und Milch in einem Mischverhältnis von 1:1 beinhalten. Gold wird es dann, wenn sogar noch mehr Milch dazukommt.

Schwarzer, großer/kleiner

Sowohl der Espresso als auch der Mokka können mit “Einen kleinen Schwarzen bitte” bestellt werden. Ohne Milch, versteht sich.

Türkischer

Wie schon weiter vorne in diesem Büchlein beschrieben, wird der türkische Kaffee traditionellerweise in einem so genannten Ibrik zubereitet. Zucker wird mit besonders fein gemahlenem Kaffee aufgekocht und dann inklusive Kaffeesatz in der Tassen verteilt. Nachdem die Wiener Geschichte von Türkenbelagerungen geprägt ist, ist der “Türkische” auch in der Wiener Kaffeehauskultur ein fixer Bestandteil. Stark, süß und mit Kaffeesatz.

Türkischer passiert

Obwohl der Kaffeesatz traditionellerweise beim türkischen Kaffee einfach dazu gehört, gibt es doch einige heimische Geschmacksexperten, die kein Fan des ‘Kaffeemehls’ sind. Aus diesem Grund wurde der passierte Türkische erfunden, bei dem der Kaffeesatz mit einem Sieb entfernt wird.

Sperbertürke

Meistens, wenn seltsame Namen auftauchen, dann steckt eine Person dahinter – so auch in diesem Fall. Rechtsanwalt Hugo Sperber war verantwortlich dafür, dass ein doppelt starker Türkischer, der mit Würfelzucker aufgekocht wird nun “Sperbertürke” heißt.

Überstürzter Neumann

Zuerst der Schlag, dann der Kaffee. Die Zubereitung eines “Überstürzen Neumanns” ist kein Geheimnis, was jedoch bis heute ein Geheimnis geblieben ist, ist das niemand wirklich weiß, wer der Namensgeber dieser besonderen Kaffeezubereitung war. Vielleicht hat Herr Neumann selbst überstürzt das Kaffeehaus verlassen, sein Name jedoch bleibt für immer erhalten.

Verlängerter

Beim Verlängerten wird ganz einfach der Schwarze mit einer doppelten Menge Wasser verlängert – ist also so ein bisschen wie ein Americano, wenn man denn schon einen Vergleich braucht. Serviert kann der Verlängerte aber wie ein Brauner werden – nämlich mit Milch oder Obers an der Seite.

Wiener Eiskaffee

Warum der Wiener Eiskaffee so explizit gelistet wird, hat den Grund, dass man beim Wiener, anders als beim Schweizer Eiskaffee, immer – und zwar nur – Vanilleeis verwendet, wobei beim Schweizer Eiskaffee Kaffeeeis gewählt wurde. Fast wie ein Shake wird das Ganze, wenn man einen gerührten Eiskaffee bestellt. Die Iced Coffee Varianten findet man entweder bei Starbucks, oder in Form eines Mazzagrans.

Zarenkaffee

Ähnlich, wie der Advocat. Nur, dass man hier zuerst Zucker mit Eidotter kräftig schaumig schlägt und das ganze auf den Mokka draufsetzt. Jedoch, genau wie die Kaisermelange, eher nicht Kaffeehaustauglich wegen Lebensmittelverordnungen.

Kommentieren

Die Emailadresse wird nicht angezeigt