20. Juni 2014

Wiener Mischkonsum

Gurke Minze (c) STADTBEKANNT

Cola-Rot, Tiroler, Hugo & Co

Eine Hommage an die Wiener Wein-Misch-Kultur.

Manchmal merkt man gar nicht so recht, wie viel WienerIn in einem steckt, bis man dann einen Heurigen aufsucht, und selbstverständlich seinen Weißwein mit Zitronenkracherl mischt. Das ist auch deswegen nicht seltsam, weil weder die Kellnerin, noch die anderen Gäste das fröhliche Wein-Mischen mit fragenden Blicken kommentieren. Nur die deutschen Touristen vom Nachbartisch schauen verduzt, aber das machen sie sowieso schon, seit sie wissen, dass es leider keine Getränkekarte gibt.

Prä-Aperol

Nicht erst der Aperol hat die Wiener Wein-Misch-Wut ausgelöst, aber das wisst ihr wahrscheinlich sowieso. Wollen wir mal von der Mutter aller Wein-Mischungen absehen, dem Weißen Spritzer, dann erfreuen sich besonders Mischungen wie Cola-Rot und Co. großer Beliebtheit. Cola Rot ist nicht nur der Killer unter den Wein-“Verschnitten”, sondern gehört auch zwischen 12 und 15 absolut zum guten Ton des österreichischen Alkoholismus. Auch unter den älteren WienerInnen finden sich viele Fans der schweren Mischung, was wohl von Zeit zu Zeit daran liegen mag, das sie äußerst preiswert ist. Neben dem Cola Rot hat auch der “Tiroler” lange Tradition: Weißwein mit Almdudler nämlich, wobei es auch eine andere Kräuterlimonade sein darf. Das schmeckt zwar ebenso süß wie Cola Rot, ist dann aber doch etwas harmloser.

Sommerspritzer, Winterspritzer, Pfirsichspritzer, Veilchenspritzer, Weißer Spritzer

Liebe deutsche Touristen und Zugezogene, einen Fehler dürft ihr euch in Wien nicht erlauben: bestellt nie, wirklich nie (!), eine “Weißwein-Schorle” beim Heurigen. Nie. Denn die WienerInnen sind sehr empfindlich, wenn es um den Weißen Spritzer geht, der übrigens 50-50 gemischt sein muss, um als solcher durchzugehen. Die Weißwein-Soda-Mischung gibt es natürlich auch in Rot, ist aber weitaus weniger geläufig. Dafür darf sich aber eine Mischung mit weniger Weißwein “Sommerspritzer”  nennen, mit dem “Winterspritzer” als Gegenstück. Auf einen halben Liter aufgespritzt wird aus dem Weißen Spritzer dann übrigens ein Wüstenspritzer, was auch Rot funktioniert. Exotischere Varianten wie der Pfirsichspritzer sind auf den Getränkekarten Wiens eher rar, werden aber durchaus gerne serviert und konsumiert, wenn vorhanden. Mehr Klasse als der Pfirsichspritzer hat defintiv der Veilchen-Spritzer, den man aber nicht überall in Wien bekommt.

Aperol & Hugo

Der Aperol-Spritzer ist nicht so verbreitet, wie man das gemeinhin annehmen könnte. Die süß-bittere italienische Mischung mag zwar für uns WienerInnen mittlerweile selbstverständlich sein, ist sie aber in den meisten europäischen Ländern nicht. Dass Aperol-Spritz original mit Prosecco gemischt wird, ist den meisten WienerInnen komplett wurscht, denn hierzulande wird er in erster Linie als Weißer Spritzer mit Aperol serviert. Abgelöst aber nicht verdrängt wurde das Trend-Getränk Aperol-Spritzer vom Hugo, der mit Minze, Limette und Hollundersirup serviert wird. Auch hier verzichtet man in Wien gerne auf den eigentlichen Prosecco, und der Weiße Spritzer muss wieder als Basis herhalten. Der Weiße Spritzer mit Hollunderblütensirup (ohne Limette und Minze) wird hierzulande übrigens eigentlich Kaiserspritzer genannt.

In Wien ist alles erlaubt

Und wenn diese Mischungen nicht sowieso schon genug wären, ist man in Wien ausgesprochen tolerant, was Misch-Gelüste angeht. Wie oben beschrieben darf man seinen Wein mit Kracherl (Himbeer & Zitrone), Limonade, Soda, Sirup oder Traubensaft (33iger) mischen, und auch Innovationen steht man relativ offen gegenüber. Red Bull Weiß oder Whiskey Rot haben wir zwar noch nirgendwo gesehen, aber wer weiß, vielleicht setzten sie sich noch durch. Prost!

1 Kommentar

  1. stadtunbekannt

    9. Juli 2012

    Cola-Weiß
    Cola-Weiß wird meiner Meinung nach ja total unterschätzt!

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